Als Antwort auf: Re: Lautsprecher im Kangoo von PeterNev am 27. September 2002 14:49:28:
x1/10804.htm
Hallo Thomas,
sorry, einige Deiner Ausführungen sind nicht ganz so das gelbe vom Ei, neben halben Wahrheiten hast Du Dich - glaube ich - ein wenig von den Angaben der Hersteller einnebeln lassen - tröste Dich, da biste nicht der Einzige <img src=http://bilder.parsimony.net/smilies/herz-rot.gif alt=herz-rot>.
Ich will mal versuchen, das Ganze fachlich richtig und hoffentlich verständlich darzustellen - hau mich zurück, wenn eines von beiden mißlingt.<img src=http://bilder.parsimony.net/smilies/kuss.gif alt=kuss>
Theoretische "RMS" - und Max. - Leistungen Leistungen lassen sich sehr wohl ausrechnen, und die praktisch realisierbaren exakt messen und spezifizieren.
Das alles ist eine Frage der Physik; der Rest (nämlich die Angaben der Hersteller, und wonach halbinformierte Käufer kaufen) ist Augenwischerei.
0. Also: Pkw haben derzeit noch ein 12V Bordnetz.
D.h. ohne Ladung (Motor aus) hat die Batterie 12V, die ungefähr auch dem Radio oder Verstärker zur Verfügung steht. Im laufenden Betrieb hat die Batterie, bzw. die Endstufe des Verstärkers typ. ca. 13,2 V zur Verfügung, maximal sind es 14,4V. Letztere ist die Lade-Schlußspannung einer Autobatterie (Bleiakku).
Bei diesen drei Spannungswerten kann man ganz einfach die theoretisch maximalen und die realistischen Leistungsangaben von Autoradio / Verstärker ausrechnen.
(Ich gehe mal von einem üblichen 4 Ohm Lautsprechersystem aus.)
Bei den Endstufen handelt es sich heutzutage grundsätzlich um "H-Brückenendstufen", die die Spannungsversorgung am effektivsten, namely doppelt ausnutzen.
Es steht also theoretisch (!) jeweils die doppelte Versorgungsspannung von Uss = 2 x Ubat = 24V .. 28,8V zur Verfügung, um eine komplette Sinus-Kurve darzustellen. Nach den Regeln / Gesetzen der E-Technik / Physik ist die Leistung somit gegeben durch:
1. Theoretisch maximal erreichbare Sinus-Leistung:
Es wird ein reines Sinus-Signal ohne jegliche Verluste und Verzerrungen verarbeitet.
Die max. Leistung (RMS) wäre in diesem Falle (Ubat x Ubat / (2 x R)); mit Ubat = 12..14,4V; R = 4 Ohm.
Daraus ergibt sich: Im Pkw kann man maximal Psin = 18 .. 26 W an reiner Sinusleistung entnehmen, je nach Ladezustand der Batterie.
Zukünftig wird es auch im Pkw ein "42V Bordnetz" geben (~ 3 x 12V Batterien) - dann wären Psin = 160 .. 230 W möglich.
In Heim-Steroverstärkern hat man mehr Möglichkeiten, wegen der höheren und bipolaren Spannungen des Netzteils. Da wird zB mit +/-50V und mehr gearbeitet, womit mal locker 300W Sinusleistung an 4 Ohm erzielbar sind. Da hierbei keine Brückenendstufen notwendig sind, verringert sich übrigens die Verzerrung erheblich.
2. Theoretische Maximalleistung:
Es wird ein Rechteck-Signal, d.h. mit hohem Oberwellenanteil, ohne jegliche Verluste verarbeitet.
Die max. Leistung beträgt (Ubat x Ubat / R), also genau das Doppelte der max. Sinusleistung.
Im Pkw sind das Pmax = 36 .. 52 W, in Heimstereo-Anlagen bis zu 600 W. ("Musikleistung"
3. Praktische erreichbare Werte:
Zunächst einmal spielt sich die Wiedergabe von "Musik" (das ist eine Überlagerung vieler, vieler Sinus-Schwingungen), meist irgendwo zwischen dem Fall 1. und 2. ab.
Ein Wiedergabe System (Lautsprecher und Verstärker) muß jedoch beide Fälle wiedergeben können, wobei ganz offensichtlich der Sinus-Fall der kritischere ist. Demzufolge ist die Angabe der Sinus-Leistung die vernünftigere Angabe.
Angaben von um die 50W sind reines Hersteller-Geprotze.
In allen Verstärkern treten (Spannungs-) Verluste auf, die die praktisch erzielbaren Maximal Werte zusätzlich reduzieren.
Außerdem verhalten sich die Verstärker gerade bei voller Aussteuerung (am Limit der Batteriespannung) sehr ungünstig, was zu starken Verzerrungen führt.
Nach sattsam bekannten Audio Normen wird die erzielbare Leistung daher besser bei einem Verzerrungswert z.B. von 10% oder 1% angegeben.
Es geht theoretisch und auch praktisch noch ein bißchen mehr (zB die von Dir genannten 50W) - aber die Verzerrungen wachsen dann drastisch an - sprich es kommt dabei nur noch Krach aus dem Gerät.
Anders herum gilt die Regel: Je höher die zur Verfügung stehende Spannung Ubat ist, oder je weiter man sich von der maximalen Leistung fernhält, um so geringer ist der Klirrfaktor.
Die Heim-Stereo-Anlage hat demnach so viel Spannungsreserve, daß man hier niedrigste Klirrfaktoren bei gleichzeitig hoher Leistung erzielt werden kann, im Bereich von 0,01% und kleiner bei zB 50W. (Zum Vergleich: Audio- CDs haben minimal 0.001% Klirrfaktor / SNR)
Diese Chance hat man im Im Auto eben überhaupt nicht, weil ja die Spannung begrenzt ist. Höhere, unverzerrte Leistung zu erzielen, ist nur unter Verwendung eines teuren "Boosters" möglich. Das ist nichts anderes als ein Schaltnetzteil, welches aus den 12 V Bordnetzspannung zuerst einmal höhere Spannungen macht, plus entsprechend "starker" nachgeschalteter Endstufen.
----
Realistische / seriöse Werte guter bis sehr guter Automotive - Radio-Verstärker Bauteile sind für Pkw folgendermaßen spezifiziert:
Ubat. = 13,2 V (der realistische Spannungswert im Auto)
Prms (Sinussignal) = 18W bei 10% Klirrfaktor; Pmax (Rechtecksignal) < 30W
Prms (Sinussignal) = 15W bei 1% Klirrfaktor
Ubat. = 14,4 V
Prms = 22W bei 10% Klirrfaktor; Pmax = 35W
Prms = 17W bei 1% Klirrfaktor
Bei nur 4W Leistung (auch schon heftig laut auf so kleinem Raum) beträgt die Verzerrung typ. nur noch 0.03%; und das ist schon nahe dem Sinnvollen und Machbaren im Automobil. Was nämlich die sonstige Geräuschkulisse, die Akustik und die Elektrik zuläßt, ist das Radio / der Verstärker noch das beste Stück in der Kette.
Das schwächste Glied sind die Lautsprecher: Nicht nur, daß die viel zu klein sind (Durchmesser, als auch Einbautiefe), auch die räumliche Plazierung ist viel zu schlecht, um gute Musik zu geben.
Ein 150W Baßlautsprecher in einem 12V Fahrzeug ist also hirnrissiger Quatsch und totale Vera..., soweit das Ding nicht zusätzlich einen richtig guten Spannungs-Booster besitzt.
Und für eine "Leistungs-Reserve" mit Faktor 4..10 soviel Geld auszugeben .. naja wer's mag.. der kann von mir aus auch in Sandalen mit Socken und kurzen Hosen rumlaufen, oder noch besser: Hosenträger mit Gürtel tragen - aber beschwert euch hinterher nicht, wenn ihr dafür vom fiesen "Fränk" erschossen werdet. <img src=http://bilder.parsimony.net/smilies/feuer.gif alt=feuer>
4. Übrigens: "RMS" heißt eigentlich nichts anderes als "Root Mean Square" und beschreibt in der E-Technik kurz und knapp, wie man den "Echt-Effektiv" - Leistungswert an einer ohmschen Last unabhängig von der Signalform ermitteln kann, dh erst mittels Integralrechnung quadrieren und aus dem Ergebnis die Wurzel ziehen. Die daraus errechneten Formeln für Sinus und Rechteck stehen oben im Klartext...
Die Hersteller von Radios und die von Lautsprechern wollen mit so einer Angabe fälschlicherweise aber etwas ganz anderes ausdrücken:
Der Radiohersteller versteht unter "RMS" zumeist, daß sein Radio dauerhaft (!) eine Leistung von soundsoviel Watt abgeben kann. Das sind also nichts anderes, als die unter 3. genannten "praktischen" Dauerleistungen
Kurzfristig, dh für Bruchteile einer Sekunde, ist jedoch eine höhere "Spitzenleistung" möglich. Dieser Werte kann eigentlich nur ein bißchen weniger als die "theoretischen" Maximalleistungen sein (siehe 2.). Darüber hinausgehende Angaben sind Quatsch, weil sie auf Grund der Gesetze der Physik einfach nicht möglich sind!
Der Lautsprecherhersteller machts genau so:
"RMS" ist die max. Dauerleistung; kurzfristig dürfen wesentlich höhere Spitzenleistungen auftreten - ohne daß jeweils der Lautsprecher kaputt geht.
Bei letzterem "Kennwert" sind nach oben hin insbesondere der Phantasie leider keine Grenzen gesetzt, denn die genauen Bedingungen, unter denen "Wahnsinns"-Leistungen angeblich erbracht werden, zB so ein Quatsch wie: "3000W pmpo" (ist es für 1 milli-Sekunde, oder für 1 mikro-Sekunde??) werden nicht angegeben, und sind sicherlich auch nicht verläßlich ermittelt worden...mal ganz davon abgesehen, daß sie ebenfalls praktisch nichts aussagen.
Will man auf Basis realistischer Werte vergleichen, ist jeweils nur der Dauer-Sinuswert unter Angabe des jeweiligen Klirrfaktors geeignet.
5. Ich gebe hier mal einen link auf ein bestimmtes Datenblatt eines typischen Automotive Verstärkerbausteins an, wie er in vielen verschiedenen Geräten sitzen dürfte <img src=http://bilder.parsimony.net/smilies/zwinker.gif alt=zwinker>:
http://eu.st.com/stonline/books/pdf/docs/8160.pdf
Da kann man die erläuterten Begriffe und Zahlen nachlesen.
Glaube mir, alle Hersteller kochen nur mit Wasser, nämlich mit den 12V vom Bordnetz.
Wer vergleichen will, möge sich die Sinus-Klirrwerte bei 4W oder 1W besorgen und seine eigenen Schlüsse ziehen, ob er die Unterschiede wirklich hört. (Ich nicht mehr, so ab vierzig..)
Das eingebaute Renault / VDO Radio ist so gesehen - nämlich mit ein bißchen Sachverstand - völlig i.O.
Wer mehr will, kauft sich erstmal vernünftige und große Lautsprecher; und wem das noch nicht genug funzt (> 15W...), muß eben für einen guten Booster tief in die Tasche greifen.
Frank
x1/10804.htm